Nachlese zur 7. Veranstaltung der BPM-Offensive Rhein.Ruhr – Business Process Mining
16. Juli 2013 Hinterlasse einen Kommentar
In unserem gestrigen Workshop haben wir das klassische Vorgehen im Prozessmanagement „auf den Kopf gestellt“. Die BPM-Lehrbücher betrachten die Implementierung eines Prozesses durch IT-Systeme typischerweise als zweiten Schritt nach der Gestaltung eines Soll-Prozesses. Echte BPM-Projekte starten jedoch selten auf der grünen Wiese. Und egal, ob Prozessanalysen für die Verbesserung von Prozessen, im Rahmen der Softwareauswahl oder bei Compliance-Fragestellungen durchgeführt werden: zunächst ist ein Verständnis der Ist-Situation erforderlich.
„Warum sollten wir also nicht Daten aus existierenden IT-Systemen abgreifen, um einen guten Startpunkt für die Prozessanalyse zu finden“, fragte der erste Vortragende am gestrigen Abend, Dominic Breuker (WWU Münster, ERCIS) <Vortragsfolien>. Der Ansatz von Process Mining ist eine ereignisbasierte Datenanalyse. Die Idee: Aus existierenden IT-Systemen sollen Hinweise auf Aktivitäten, die im Prozess ausgeführt werden, und Zeitstempel erhoben und anschließend folgende Fragen beantwortet werden:
- Wie sehen die Prozesse aus?
- Wo liegen die Probleme?
Klar ist jedoch auch: Process Mining erlaubt keine Prozesserhebung und schon gar nicht eine Prozessverbesserung „auf Knopfdruck“; aber es ist eine vielversprechende Ergänzung zu klassischen Datenerhebungstechniken wie Interviews, Workshops oder Dokumentenanalysen im Werkzeugkoffer des Beraters oder Prozessverantwortlichen. Sein Appell: „Lasst den Prozess doch zunächst für sich selbst sprechen!“
Dr. Anne Roziant (Mitbegründerin von Fluxicon) zeigte dann mithilfe ihres Softwaretools „Disco“ viele beispielhafte Analysen, die Process Mining unterstützen kann – unter anderem das Entdecken von Kontrollflussstrukturen, die Visualisierung des Verlaufs einzelner Instanzen sowie Statistiken zu Häufigkeiten und Zeiten. Frau Rozinat diskutierte auch Beispiele aus Kundenprojekten, die verdeutlichten, wie und wo konkrete Verbesserungsvorschläge zum Beispiel bei der Gestaltung des Rückerstattungsprozesses eines Elektronikgeräteherstellers oder im IT-Service-Management-Prozess von ANA Airports mithilfe von Process Mining entdeckt werden konnten. Das Tool und seine Anwendung werden in diesem Artikel und diesem Video beschrieben.
Mein Fazit: Wir hörten zwei sehr anschauliche und wirklich spannende Vorträge, die anschließend auch noch eine lange und angeregte Diskussion bei unserer sehr gut besuchten Veranstaltung befeuerten.